Pranayama – Was unser Atem uns sagt
Der erste und der letzte Atemzug in unserem Leben – Er ist der Rahmen, in dem sich unsere Existenz bewegt, der Anfang und das Ende. Nie hat jemand ohne ihn, den Atem, gelebt und zu keinem Zeitpunkt haben wir einfach damit aufgehört, oder ihn vergessen. Und das oft, ohne ihn überhaupt zu bemerken – ganz bewusst – und sein Dasein wertzuschätzen. Er ist immer gegenwärtig, ganz automatisch und meist selbstverständlich.
Folgt man den Lehren des Yoga, hat er eine essenzielle Bedeutung und steht in direktem Zusammenhang mit dem, was uns lebendig macht, nämlich dem Prana, unserer Lebensenergie. Mehr als das simple Zirkulieren von Luft durch unsere Lungen, ist seine Qualität ausschlaggebend für den Energiefluss in unserem Körper.
Man muss weder spirituell noch gläubig sein, um darin eine nicht zu leugnende Wahrheit zu entdecken. Es ist erwiesen, dass wir beim Erleben von Stress unsere Atmung an diesen anpassen. Die Atmung wird schneller und flacher, wenn wir Stress empfinden. Man muss auch kein Psychologe sein, um zu wissen, dass Körper und Geist eng zusammenarbeiten. Wir sind in allen Bereichen unseres Lebens konditioniert. Bekommen wir Reize aus unserer Umwelt, reagieren wir körperlich darauf. Das kann uns positiv sowie negativ beeinflussen. Der Umkehrschluss ist, dass unsere körperlichen Aktionen auch psychische Reaktionen auslösen, wenn zwischen beiden ein Zusammenhang besteht.
Es so, dass wir durch unbewusste Atmung und schlechte Angewohnheiten oft nicht „richtig“ atmen. Wir erlauben es uns nicht die Luft tief in unsere Lungen, bis hinein in unseren Bauch strömen lassen und sind es gewohnt viel zu flach zu atmen. Das hat sicherlich viele Ursachen, angefangen dabei, dass in unserer Gesellschaft nie gelehrt wurde, wie wichtig das richtige Atmen ist. Aber auch subtile Gründe können dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen, wie zum Beispiel ästhetische Ansprüche ein flacher Bauch sei schön und das damit antrainierte Verhalten den Bauch einzuziehen. Ich wage zu behaupten, dass vor allem Frauen oft unter ihrem Unterbauch leiden, der jedoch vollkommen normal ist und nun mal zur weiblichen Anatomie dazugehört, zyklusbedingt mal mehr und mal weniger. Da sind Organe, die für die Produktion eines Menschen ausgelegt sind, die brauchen Platz, das ist kein Fett! Wie häufig haben wir den Bauch eingezogen, weil wir uns zu dick fühlten? Ich selbst tausende Male. Kann man da ordentlich atmen? Auf keinen Fall! Damals, als sehr, sehr eng geschnürte Korsetts der neueste Schrei waren und die armen feinen Damen der Reihe nach in Ohnmacht fielen, weil ihnen wortwörtlich der Atemraum abgeschnürt wurde, legte man ihnen das als Schwäche, hysterisches Verhalten aus. Sie konnten auf Stress nicht mit einer regulierenden Atmung reagieren und darum fielen sie um. Aber weiter zum Atem.
Unser Atem verhält sich also aus verschiedensten Gründen oft so, wie die Evolution ihn für Stresssituationen, z.B. die Flucht vor Gefahren wie Fressfeinden, vorgesehen hat. Und das, obwohl es schon lange keine Realumstände mehr für uns Menschen sind. Was glaubst du wie sich das auf unsere Psyche auswirkt? Wir signalisieren unserem Hirn ständig im Fluchtmodus zu sein und es sendet permanent Stresshormone aus. Wir fühlen Stress noch bevor es welchen gibt und der ein oder andere fühlt ihn gar nicht mehr, weil man sich so sehr daran gewöhnt hat und es schon zum Normalzustand geworden ist. Weil unser Alltag dann oft auch wirklich stressig ist, sind wir schon mal rund um die Uhr im Flucht- und Kampfmodus. Das kann auf Dauer nicht gesund sein. Dieser Zustand ist von Natur aus nur für kurze Momente vorgesehen, wenn akut Gefahr in Verzug ist.
Nun, was können wir aktiv tun, um dem entgegenzuwirken und zwischendurch unser System zu beruhigen? Bestimmte Atemtechniken können sich positiv auf unseren Parasympathikus auswirken und die Produktion von Stresshormonen regulieren sowie den Puls normalisieren. Das kann uns im Alltag helfen, aber auch in echten Stresssituationen oder bei Panikattacken. Wir haben die Möglichkeit mit unserem Atem einen gezielten Einfluss auf unser Innenleben zu nehmen. Außerdem sollten wir uns immer wieder daran erinnern, dass unser Körper unser Freund ist, ihn so akzeptieren wie er ist und ihn nicht in seinen Funktionen einschränken und sie ihm absprechen, weil wir glauben er sei dann nicht perfekt. Es ist immer gut an sich zu arbeiten, aber bitte niemals gegen den Körper und seine Natur.
In meinen Yogaklassen ist Pranayama ein fester Bestandteil, der dir dabei hilft, diese Atemtechniken zu erfahren und die richtigen Mittel für dich zu entdecken, um auch in jeder anderen Situation davon zu profitieren, wenn es heißt „erstmal tieeef durchatmen“, denn diese oft gesagte Floskel ist viel mehr als das. Auch das Selbstverständliche muss in unserer Gesellschaft oft neu gelernt werden und ich helfe dir gerne dabei deinen tiefen Atem zu erkunden und für dich nutzen zu können sowie in einen gesunden Kontakt zu deinem Körper zu treten.